Martin Helseth: Der Medaillentaucher vom Rotsee

Timon Wernas Articles, Startseite

An der LUCERNE REGATTA 2023 plumpst einer mit einer Goldmedaille bedachten Athletin die Auszeichnung ins Rotsee-Wasser. Wie in Ruderkreisen üblich unterstützt man sich und alsbald naht Hilfe, um das Malheur zu beheben.

Selten geschieht es, aber passieren tut es trotzdem. Nämlich: dass beim Auswassern nach der Fahrt vom Siegersteg zum Ausstiegsponton etwas verloren geht. Zum Beispiel sogar eine Goldmedaille. So geschehen Bente Paulis aus dem niederländischen Doppelvierer-Siegerboot anlässlich der LUCERNE REGATTA 2023.

Es musste jemand gefunden werden, der sich tauchenderweise der Edelmetallsuche annahm. Der niederländische Coach in Diensten der norwegischen Nationalmannschaft, Mark Emke, vernahm von der Widrigkeit – und wusste Rat. Ein Telefon an seinen Schützling aus dem Doppelvierer, Martin Helseth, genügte. Wer auf dem Wasser gute Figur macht, kann dies unter Umständen auch im Wasser. Dies trifft – als leidenschaftlicher Freitaucher – auch auf den 29-jährigen Norweger zu.

Doch lassen wir doch am besten Martin Helseth selber erzählen, was sich zugetragen hat: «Ich war gerade beim Mittagessen, nachdem wir unser letztes Rennen beendet hatten, als unser Cheftrainer mich anrief. Er teilte mir mit, dass Bente Paulis ihre Goldmedaille verloren hatte, als sie nach ihrem Sieg im A-Finale auf dem Bootspark-Ponton feierte. Mark Emke hatte Bente und ihrer Crew versprochen, dass ich mich um den Fall kümmere, und das setzte mich, gelinde gesagt, ein wenig unter Druck. Ich wollte sie nach so einer tollen Leistung nicht mit leeren Händen dastehen lassen.»

Allerdings – ganz so ideal waren die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Tauchgang gar nicht, wie Martin Helseth im Weiteren ausführte: «Ich hatte meine Tauchermaske nicht mit in die Schweiz gebracht und musste meine Kontaktlinsen in eine mit Wasser gefüllte Plastiktüte stecken, die eigentlich für die Entsorgung von Hundekot gedacht war. Ich hatte auch keine Ahnung, wie tief der See an der Stelle war, wo mutmasslich das Verlustobjekt entschwunden war. Also sprang ich hinein und begann mit fast geschlossenen Augen abzutauchen. In 8 m Tiefe traf ich auf Grund, und nachdem ich ein wenig auf dem Seeboden geschwommen war, konnte ich etwas Blaues sehen. Tatsächlich: Die Goldmedaille! Ich schnappte sie mir und schwamm wieder in Richtung Licht. Bente war sehr glücklich!»

Und übrigens: In diesem Jahr wird Martin Helseth wieder am Rotsee auftauchen und die Finale Qualifikationsregatta bestreiten, um sich für die Olympischen Spiele in Paris zu qualifizieren. Und an der LUCERNE REGATTA gilt sicher sein Versprechen: «Von nun an werde ich immer meine Tauchermaske zu Ruderregatten mitnehmen.»

«Ich bin nicht nur Ruderer, sondern auch ein leidenschaftlicher Freitaucher. Freitaucher zu sein bedeutet, dass ich einen Neoprenanzug, eine Maske, einen Schnorchel, einen Bleigurt und ein paar Flossen anziehe und mit einem einzigen Atemzug unter Wasser schwimme. Ich veranstalte regelmäßig Unterwasser-Säuberungsaktionen, gebe Freitauchkurse, gehe gerne Speerfischen und betreibe auch ein wenig Wettkampf-Freitauchen, wobei meine persönliche Bestleistung darin besteht, an einem vertikalen Seil bis auf 40 m zu tauchen.

Durch die Aufräumarbeiten haben wir seit 2020 fast 40 Tonnen Abfall beseitigt!

Von Zeit zu Zeit werde ich von frustrierten Menschen kontaktiert, die mich bitten, Dinge wiederzufinden, die sie im Meer verloren haben. Dabei handelt es sich in der Regel um Telefone, Schmuck, Sonnenbrillen usw.»